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Die Wörter unserer Sprache liegen uns nicht alle gleich nahe: Einige kommen uns recht veraltet vor – wir würden z.B. das Wort Odem in normaler Sprache gar nicht benützen, es ist ein Archaismus, ein altertümliches Wort. In diesem Wörterbuch werden dabei als Stufen unterschieden veraltet, obsolet (»stark veraltet«) und Archaismen (die einem größeren Teil der Sprecher nicht mehr bekannt sind). Manche Wörter sterben auch aus und werden dann (durch das Nachahmen des Gebrauchs älterer Texte) wiederbelebt, wie z.B. das Wort tarnen. Das Extrem auf der anderen Seite sind die Neologismen, die Neuwörter, die gerade erst in Gebrauch gekommen sind und bei denen man noch nicht so recht weiß, ob man sie schon unbesorgt gebrauchen darf. Andere Wörter liegen uns nicht so nahe, weil sie fachsprachlich sind – dabei denken wir in erster Linie an die Wissenschafts- und Berufssprachen; aber auch die Angler und Briefmarkensammler haben ihre Fachsprache. Es geht dabei einfach um einen Wortschatz, der spezieller ist, als ihn die Allgemeinheit benötigt, und deshalb nur von den kleinen Gruppen der Fachleute benützt wird. Wörter, die nur von kleinen Gruppen benutzt werden, kommen auch in anderen Zusammenhängen vor – z.B. Anspielungen auf die griechische und römische Mythologie oder andere geschichtliche Zustände, über die nur diejenigen reden können, die direkt oder indirekt mit der Sache zu tun gehabt haben. Solche Wörter nennen wir bildungssprachlich. In derart verschiedenen Sprachausprägungen (auch in verschiedenen Regionalsprachen usw.) treten häufig verschieden entwickelte Formen (Lautformen, Flexionsformen) aus demselben Ausgangspunkt auf. Solche verschiedenen Formen aus gleichem oder nahe verwandtem Ursprung nennen wir Varianten. Insgesamt wird hier unterschieden zwischen dem Wortschatz des Standards, zu dem auch veraltete, regionale, stilistisch markierte, vulgäre, tabuisierte und kindersprachliche Wörter gehören können; dem des erweiterten Standard, zu dem die weniger gebräuchlichen Wörter gehören, einschließlich der bildungssprachlichen, der obsoleten und der regional beschränkten; und schließlich dem peripheren Wortschatz, bei dem allgemeines Verstehen nicht vorausgesetzt werden kann (hierzu auch archaische Wörter, die mehr oder weniger ausgestorben sind und nur noch von einzelnen Sprechern gebraucht werden).
Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache. 2013.